Qualitätssicherung

Bericht zur Qualitätssicherung

Montessorischule Landau

Evaluationsbericht November 2009 (Karin Brügelmann / Dr. Otto Seydel)

Zusammenfassung
Die Tatsache, dass wir in jedem der vier Kriterienbereiche der Evaluation „Entwicklungsbedarf“ für die Montessorischule Landau konstatiert haben, ist keineswegs als Minuspunkt zu deuten. Jede gute Schule ist immer „auf dem Weg“. Je profilierter eine Schule ist, desto intensiver ringt sie darum, ihren Anspruch an sich selbst zu erfüllen. Dabei bewegt sich die Wirklichkeit dieser Schule bereits auf einem sehr hohen Niveau (soweit ein solches Urteil für eine Schule überhaupt erlaubt ist, die aus gutem Grund Schulnoten gegenüber kritisch ist!). Die Qualität der pädagogischen Arbeit der Montessorischule Landau liegt in jedem Fall weit über dem Normalmaß deutscher Schulen – ein unbestechlicher Indikator dafür ist die hohe Attraktion, die die Schule für die Referendare und Lehrerausbildungseinrichtungen der Region besitzt.
 

Informationsgrundlage
Basis des Evaluationsberichts sind ausführliche Interviews mit den vier „Säulen“ der Schule (Schulleitung, Vorstand, Elternvertreter und Schülervertreter) am 16.11. sowie Unterrichtsbesuche am 17. und 18.11.2009, bei denen wir nahezu alle Klassen und Kolleginnen und Kollegen der Schule in halbstündigen Sequenzen gesehen haben. Darüber hinaus standen uns umfangreiche Unterlagen aus Gegenwart und Vergangenheit der Schule für die Vorbereitung wie für die Nacharbeit unseres Besuches zur Verfügung. Ergänzt wurde die diesjährige Recherche vor Ort durch Aufzeichnungen aus einem dreitägigen Besuch an der Schule im Herbst 2007.

Der Bericht ist orientiert an den „Standards einer guten Schule“, die der reformpädagogische Arbeitskreis Blick über den Zaun formuliert hat und die die Schule selbst vor dem Hintergrund ihrer Montessori-Basis als ihre „Messlatte“ für ihre langfristige Entwicklung definiert hat. .

Gesamtergebnis
Vier Kriterienbereiche sind durch die Standards vorgegeben:

  • Den Einzelnen gerecht werden – Individuelle Förderung und Herausforderung
  • Das andere Lernen – Erziehender Unterricht, Wissensvermittlung, Bildung
  • Schule als Gemeinschaft – Demokratie lernen und leben
  • Schule als lernende Institution – Reformen „von innen“ und „von unten“

In der folgenden Zusammenfassung benennen wir nur einige ausgewählte herausragende Themen. Sie sind in der Langfassung des Berichts durch Einzelbeobachtungen unterlegt und durch zahlreiche weitere Beispiele ergänzt. Das positive Gesamtergebnis wird auch dadurch nicht abgeschwächt, dass die Gutachter einige Felder identifiziert haben, in denen sie verstärkten Entwicklungsbedarf sehen.

 

Den Einzelnen gerecht werden – individuelle Förderung und Herausforderung

Respektvoller und wertschätzender Umgang
Zwischen Erwachsenen und Kindern herrscht ohne Einschränkungen ein außerordentlich respektvoller und wertschätzender Umgang, jedes Kind findet die ihm gemäße Beachtung durch die Erwachsenen. Konflikte, die es– wie an jeder Schule – gibt, werden offen bearbeitet.

Vorbereitete Umgebung
Die Klassenräume haben ein Idealmaß (Sitzkreisteppich, Gruppentischvariation, Regalplatz, Ausweichplätze auf dem Flur). Sie sind sehr überlegt und liebevoll eingerichtet und gestaltet. Die säuberlich geordneten Regale und Schränke sowohl in den Klassenräume wie in den Fachräumen bieten ein überreiches Angebot mit Herausforderungen zur selbstständigen Arbeit. Das Montessoriprinzip der „vorbereiteten Umgebung“ ist auf vielfältige Weise verwirklicht. Diesem äußeren Gestaltungsprinzip entspricht die Unterrichtsorganisation in Freier Arbeit und Projektphasen.

Entwicklungsbedarf
Entwicklungsbedarf sehen die Gutachter vor allem im Blick auf zwei Themenbereiche:

  • Die „Integrationshelfer“, die Kindern mit besonderen Handicaps zur Seite stehen, sind nicht Teil des Kollegiums, sondern im Auftrag verschiedener anderer Einrichtungen eingesetzt. Diese führt dazu, dass pädagogische Chancen, die bei einer eindeutigen institutionellen Einbindung in das Kollegium möglich wären, nicht genutzt werden.
  • Während die „Freie Arbeit“ als ein Kernelement der Montessoripädagogik in der Sekundarstufe in der Primarstufe bereits optimal entwickelt ist, ist deren Entfaltung in der Sekundarstufe noch sehr unterschiedlich.

Das andere Lernen – Erziehender Unterricht, Wissensvermittlung, Bildung

Eigenmotivation
Der Aufbau einer stabilen, ganzheitlich verstandenen Lernmotivation, die über einen Testtag hinausreicht, hat in der Montessoripädagogik Vorrang vor der formalen Erfüllung von curricularen Zwischenzielen. Die Montessorischule Landau gibt dem Aufbau dieser Eigenmotivation ohne Außendruck vor allem Zeit, denn dieser Aufbau kann bei manchem Kind nur langsam geschehen, bei einem anderen braucht es weniger Zeit. Hier liegt vielleicht der Hauptunterschied zu einem anderen Leistungsverständnis des gegenwärtigen öffentlichen Schulsystems. Und an diesem Punkt arbeitet die Landauer Schule konsequent im Sinne der Montessoripädagogik – und kann zugleich bei den VERA-Vergleichsuntersuchungen im Laufe der letzten Jahre offensichtlich zunehmend besser mithalten. Der eigentliche Ertrag der Schule aber ist ablesbar, wenn die Schüler die Abschlussklassen erreichen – hier ist ein ungewöhnlich hohes Maß an Selbststeuerung im Unterricht zu beobachten.

Praxisklasse
Besonders hervorzuheben ist der Ansatz der Praxisklassen für Schülerinnen und Schüler mit übergroßen Lernschwierigkeiten, in denen zum einen ein konsequent individualisierender Ansatz verfolgt wird, zum anderen der Lebensbezug theoretischen Wissens verstärkt hergestellt wird. Die noch stärkere Ausstrahlung dieses didaktischen Ansatzes auf den Rest der Schule wäre wünschenswert.

Entwicklungsbedarf
Entwicklungsbedarf sehen die Gutachter vor allem im Blick auf zwei Themenbereiche:

  • In einigen Unterrichtssequenzen konnten wir beobachten, dass das äußere „Setting“ des Klassenraums (vor allem die Anordnung der Stühle und Tische), das soziale Setting (Einzel-, Partner- bzw. Kleingruppenarbeit) und die gestellte Aufgabe nicht zusammenpassten.
  • Die Übergangssituation 4/5 zwischen Grundschule und Sekundarstufe wird speziell in diesem Schuljahr von allen beteiligten Gruppen als unbefriedigend beklagt. Inwieweit dahinter ein strukturelles Problem der Schule steht und die aktuelle Lage nur auf eine einmalige Konstellation zurückzuführen ist, können wir auf der Basis unseres Besuchs nicht beurteilen.

Schule als Gemeinschaft – Demokratie lernen und leben

Schülerparlament
In dem Schülerinterview mit den Sekundarstufenschülern wie auch während einer Konferenz wird sehr deutlich, dass sie sich als aktive Mitgestalter der gemeinsamen Angelegenheiten ernstgenommen fühlen. Das Schülerparlament habe in der jüngsten Vergangenheit eine ganze Reihe von Entscheidungen initiiert und mitgetragen.

Gemeinsame Gestaltung
Die Gestaltung der Schule und ihres Umfelds ist in gemeinsamer eigener Initiative von Eltern, Lehrern und Schülern in vorbildlicher Weise gelungen und hat einen ästhetischen und funktionalen Standard erreicht, der an staatlichen Schulen sehr selten anzutreffen ist.

Entwicklungsbedarf
Entwicklungsbedarf sehen die Gutachter vor allem im Blick auf folgenden Themenbereich:

  • Die Angebote für ein „lebendiges Schulleben im Jahreslauf“ sind ungemein reichhaltig. Dem stehen aufseiten mancher Erwachsenen deutliche „Überforderungsgefühle“ gegenüber. Hier ist die Balance zu überprüfen.

Schule als lernende Institution – Reformen „von innen“ und „von unten“

Vision und Wirklichkeit
Innerhalb von 10 Jahren hat sich die Montessori Schule Landau von einer privaten kleinen Montessori-Elterninitiative zu einer großen Gesamtschule mit z.Z. 387 Schülern und circa 60 Mitarbeiterinnen entwickelt. Der ursprüngliche Kern – die Grundschule – ist darüber hinaus nach unten um ein eigenes Kinderhaus ergänzt worden. Eine eigene Oberstufe wird derzeit angestrebt. Der Schulverein besitzt als Eigentum inzwischen das wunderbar umgebaute Kasernengebäude sowie eine eigene neu gebaute Turnhalle.
Dieses Wachstum aus ausschließlich privater Initiative ist angesichts der sichtbaren und hier nur andeutbaren Ergebnisse in jeder Hinsicht bewundernswert!

Konferenzkultur
Bemerkenswert ist die hohe Professionalität der Konferenzführung, die wir in zwei Konstellationen erlebt haben. Diese Professionalität der pädagogischen Arbeit sichert in unseren Augen – gleichsam „nebenbei“ – ein hochwertige und wirkungsvolle laufende „interne Fortbildung“ aller Mitarbeiter.

Entwicklungsbedarf
Entwicklungsbedarf sehen die Gutachter vor allem im Blick auf folgenden Themenbereich:

  • Das Entwicklungstempo in den vergangenen Gründungsjahren der Schule war in der Sache sinnvoll, aber zugleich auch „atemberaubend“. Jetzt muss eine Phase der Konsolidierung einsetzen.
  • Eine Schlüsselstellung für die weitere Entwicklung der Schule nimmt in unseren Augen die Frage nach der Leitungsstruktur ein. Sie stammt noch aus der Anfangsphase der Schule, als die Einrichtung noch „familiär“ zu führen war. Jetzt ist die Schule gewachsen (und soll weiter wachsen). Jetzt ist der Schritt von quasi-familiären Strukturen zur Organisation eines mittelständischen Unternehmens vorzubereiten.

Schlussbemerkung
Die Tatsache, dass wir in jedem der vier Kriterienbereiche der Evaluation „Entwicklungsbedarf“ für die Montessorischule Landau konstatiert haben, ist keineswegs als Minuspunkt zu deuten. Jede gute Schule ist immer „auf dem Weg“. Je profilierter eine Schule ist, desto intensiver ringt sie darum, ihren Anspruch an sich selbst zu erfüllen. Dabei bewegt sich die Wirklichkeit dieser Schule bereits auf einem sehr hohen Niveau (soweit ein solches Urteil für eine Schule überhaupt erlaubt ist, die aus gutem Grund Schulnoten gegenüber kritisch ist!). Die Qualität der pädagogischen Arbeit der Montessorischule Landau liegt in jedem Fall weit über dem Normalmaß deutscher Schulen – ein unbestechlicher Indikator dafür ist die hohe Attraktion, die die Schule für die Referendare und Lehrerausbildungseinrichtungen der Region besitzt.